
Hotel der Immigranten
Das Hotel der Immigranten ist so metaphorisch wie real: 1890 eröffnet, steht es noch heute am Hafen von Buenos Aires. Es war die erste Anlaufstelle für alle europäischen Emigranten, die bis in die 50er Jahre des 20. Jahrhunderts hinein auf südamerikanischem Boden ankamen. Auf der Suche nach Arbeit und einem besseren Leben, auf der Flucht vor Krieg, Armut, Diktatur oder dem Holocaust. Hier wurde ihnen eine erste Unterkunft gewährt und Arbeit vermittelt. Heute sind in diesem Gebäude ein Museum zur Immigrationsgeschichte, Kunstausstellungen und Büros der Einwanderungsbehörde untergebracht. Anne Jelena Schulte hat diesen Ort auf ihrer vierwöchigen Recherchereise nach Buenos Aires und Mendoza im Januar 2016 besucht und aus dem hoteleigenen Archiv Material ausgehändigt bekommen: Briefwechsel zwischen Exilanten und ihren Familien in Europa, Bildmaterial, Daten und Fakten zur europäischen Migration nach Argentinien.
Und sie hat Auswanderer der ersten Generation und deren Kinder zu Gesprächen getroffen: Menschen, die sich vor dem Hintergrund ihrer eigenen Migrationserfahrung Gedanken machen über die gegenwärtige Situation von Flüchtlingen vor und in Europa. Dabei ist sie auch auf eine Gruppe von Künstlern gestoßen, ältere Herren mit eigener Immigrationsbiografie, die fassungslos und wütend in ihre alte Heimat Europa blicken. Sie haben eine Utopie entwickelt und einen Dokumentarfilm darüber gedreht. Die Idee: ein Walfisch in Form eines schwimmenden Hotels. Wer sich unter seine Fontäne stellt, wird zum Kunstwerk erklärt und darf frei reisen.
Dieses schwimmende Hotel der Auswanderungswilligen liegt dieser Tage als Schiffsrumpf in Buenos Aires, Zukunft offen.
Anne Jelena Schulte hat einige der Künstler nach ihrer Lebensgeschichte befragt. Das gesammelte Material wird Basis für ihr Stück, das sie mit Elementen des Dokumentarfilms kombinieren wird. Denn im Hotel der Immigranten geht es nicht um ein abgeschlossenes Kapitel der Geschichte, sondern um Fragen, die in unserer Gegenwart brennen.
Premiere
14.03.2019
Theaterhaus Gessnerallee Zürich
Auftragswerk von CapriConnection als musiktheatrales Projekt, in Zusammenarbeit mit dem argentinischen Künstlerkollektiv Estrella del Oriente und Tebbe Schöning.
Regie: Anna-Sophie Mahler
Presse
»Aus den realen Begebenheiten bezieht die Inszenierung ihre dramatische Wucht (…) die Geschichten sind immer fühlbar Erinnerungen und vergänglich (…) Abeleins unsentimentales Spiel hält präzise die Spur zwischen Reportage und Vergegenwärtigung. Die Musiker betonen den nüchternen Duktus: (…) Wie an einem Handlauf führen sie einen in die Stille angespannten Zuhörens.« (nachtkritik.de, 14.3.2019) >>
»Experimentelle Musik eröffnet atmosphärisch Assoziationsräume, die Zuschauenden sind mit auf der Bühne und so unmittelbar ins Geschehen einbezogen. Bildkräftige Projektionen wecken Beklemmung oder Wohligsein (...) Das Publikum kann gleichzeitig Gegenwart und Erinnerung erleben.« (ProgrammZeitung, März 2019) >>
»Zauberkammermagisch.« (Tages Anzeiger, 16.3.2019)